Allgemeine Zeitung vom 26.06.2002
Geldstrafe nach tödlichem Unfall 
Mildes Urteil: 23-Jährige überfährt Rentnerin und muss 1800 Euro zahlen

Wegen fahrlässiger Tötung verurteilte das Mainzer Amtsgericht gestern eine 23-Jährige zu einer Geldstrafe von 1800 Euro. Sie ist verantwortlich für einen Verkehrsunfall, bei dem eine 82-jährige Passantin zu Tode kam. Der Mainzerin wurde außerdem ein dreimonatiges Fahrverbot auferlegt.
 

Von unserer

 Mitarbeiterin

 Andrea Elisa Hart

 Auf den Tag genau vor einem Jahr hatte die Mutter von zwei Kindern die Kontrolle über das Lenkrad ihres Wagens verloren. Bei einer Fahrt vom Lerchenberg in Richtung Gonsenheim geriet die Frau in einer leichten Biegung von der Fahrbahn ab und lenkte den Wagen daraufhin auf den Bürgersteig. Ihr entgegen kam zu Fuß eine Lerchenbergerin, die erst ihre Rente abholen und später Einkäufe erledigen wollte. Der unkontrollierte Wagen erfasste die Rentnerin frontal und drückte sie erst an einer Garagenwand entlang, ehe die Frau bewusstlos auf der Fahrbahn liegen blieb. Im Krankenhaus erlag die Frau am späten Abend des selben Tages ihren schweren Verletzungen.

 Der Unfallwagen fuhr zunächst weiter, wie eine Zeugin berichtete. Erst nach etwa 25 Metern habe die Fahrerin - offenbar unsicher, wie sie sich zu verhalten habe - gewendet.

 Die ältere Frau sei ihr direkt vor den Wagen gesprungen, versuchte sie sich am Unfallort zu rechtfertigen. Auch gegenüber der Polizei blieb sie später bei dieser Version. 

Gutachter, die den Unfallhergang untersucht hatten, widerlegten ihre Aussage jedoch später. Nicht auf der Fahrbahn, sondern eindeutig auf dem Bürgersteig sei die Frau von dem Wagen erfasst worden.

 Was also oder vielmehr wer, fragte sich das Gericht, konnte den Blick der 23-Jährigen dermaßen von der Fahrbahn abgelenkt haben? Zum Zeitpunkt des Unfalls war es taghell, die Straße trocken und gut einsehbar. Die Angeklagte selbst konnte sich an wenig erinnern. Sie habe einen Blackout, erklärte sie in der Verhandlung.

 Vermutungen des Gerichts richteten sich auf das anderthalbjährige Kleinkind der Frau. Es sei offenbar unangeschnallt auf dem Rücksitz mitgefahren und könnte die Aufmerksamkeit der Mutter beansprucht haben. Aber ebenso die mitfahrende Schwester, mit der die Angeklagte laut Zeugenaussagen „wild diskutiert“ habe, könnte sie abgelenkt haben.

 Was es auch war, das Schöffengericht entschied sich bei der nicht vorbestraften Frau für eine Geldstrafe. „Es war die unterste Grenze“, so die Richterin, die in ihrer Urteilsbegründung eine gewisse Reifeverzögerung der jungen Frau vermutete. Wie sonst könnte man ein Kleinkind unangeschnallt und ohne entsprechenden Kindersitz mitfahren lassen, so die Ermahnung zum Abschluss. 

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