AZ vom 27.11.2007 zum Kehrgebührenskandal

Gegen Bürger gekehrt
Kommentar von Monika Paul zur Straßenreinigung:
 
Vieles hat in Deutschland seine Ordnung, ganz besonders die Sauberkeit. So darf die Stadt Mainz in einer Satzung festlegen, wo ihr Eigenbetrieb bezahlte Saubermänner zum Kehren losschickt - und damit, wo Straßenreinigungsgebühren fällig werden. Dass Anwohner auf dem Lerchenberg jetzt für diesen, gar nicht immer erwünschten Dienst, tief in die Tasche greifen müssen, hat ironischerweise damit zu tun, dass ein anderer Mainzer am Sertoriusring gegen die Kehrgebühr geklagt hatte. Der "Hinterlieger" fegt selbst vor der eigenen Haustür und wollte keine anteilige Kehrgebühr für die Ringstraße zahlen. Dies muss er jetzt auch nicht mehr, weil der Weg zu seinem Haus laut OVG eine eigene "straßenreinigungsrechtliche Erschließung" aufweist. Da wiehert zwar ganz laut der Amtsschimmel, aber das Urteil steht: Nur wer vorne wohnt, muss zahlen. Diese Rechtsauffassung dürfte in vielen Wohngebieten der siebziger Jahre - auf dem Lerchenberg, am Mombacher Lemmchen oder seitlich des Bretzenheimer Südrings - für Ungemach sorgen. Ein Ärger, der sich schnell gegen die Stadt richtet: Denn war es wirklich nötig, das OVG-Urteil in allen Spiegelpunkten zu Lasten des Nachbarschaftsfriedens in den eigenen Stadtteilen auszulegen? Und die zügig eingeforderten Kehrgebühren auch noch rückwirkend zu erheben? Die Diskussion ist neu eröffnet, ob unter solchen Voraussetzungen in Wohngebieten nicht besser jeder selbst den Besen schwingt.

Hier zu den Originalartikeln:
http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3064857

http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=3065735

Anmerkung von Hartmut Rencker:
Ein paar Gedanken zum Thema Vorderlieger, Hinterlieger
Das Lerchenberger Ärgernis, dass einige Vorderlieger mit über 1.000 Euro nachbelastet werden, ließe sich zumindest für die Zukunft ganz elegant aus dem Weg schaffen, nämlich per Änderung der Kehrsatzung im Stadtrat. Zur Kehrsatzung gehört eine Auflistung der Straßen und Wege. Der Stadtrat setzt hier Recht. In einigen Stadtteilen, wie z.B. Ebersheim, Teilen von Bretzenheim, Marienborn, Finthen usw. wird von den Anliegern selbst gekehrt. Dort kann die Stadt sich nicht an Gebühren bereichern.

Warum sollte nicht auch der Lerchenberg gänzlich aus der städtischen Kehrversorgung entlassen werden? In der Regel fährt das Kehrauto nur an geparkten Fahrzeugen vorbei und auch das gelegentlich zu sehende "Besengeschwader" geht weitgehend nur spazieren. Warum verwehrt die Stadt Bürgern, die zufällig Vorderlieger geworden sind, ihre oft wenigen Anliegermeter in der gleichen Weise versorgen zu dürfen, wie das die kehrfreien Hinterlieger schon immer selbst getan oder gelassen haben? Es ist nicht erkennbar, weshalb bei Straßenanliegern mehr kehrbedürftiger Dreck anfallen soll als bei den kehrfreien Anliegerwegen. Eher ist das Gegenteil der Fall. Denn wo Verkehr herrscht, wird Dreck pulverisiert und weggeblasen oder mit dem Regen weggespült. 

Nur darf der Schuss nicht nach hinten losgehen in der Form, dass die Hinterlieger gegen ihren Willen auch in die Kehrsatzung geraten.