positives Ergebnis der Fluglärmpetition vom Oktober 2007

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 19.06.2008 abschließend beraten und beschlossen:

 1. Die Petition 
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – als   Material zu überweisen, 
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit es um das Luftverkehrsgesetz geht, 

2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen. 

Begründung:
Mit der Petition wird eine Novellierung der Regelungen zum Schutz vor Fluglärm gefordert, um die Bevölkerung vor Lärmbelästigung durch zunehmenden Flugverkehr zu schützen. Zur Begründung trägt der Petent vor, die – in der Zwischenzeit in Kraft getretene – Novellierung des Fluglärmgesetzes (FluLärmG) sei abzulehnen, da es sich hierbei um ein reines Entschädigungsgesetz handele, mit dem der Schutz der von Fluglärm Betroffenen nicht einhergehe. Das Gesetz berücksichtige vielmehr einseitig die Bedürfnisse des Luftverkehrs. Der Petent fordert, Regelungen zu schaffen, die einen Vorrang des aktiven Fluglärmschutzes (Zulassung- und Betriebsregelungen) vor dem passiven Fluglärmschutz (Entschädigung für Schallschutz) vorsehen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages des Petenten wird auf den Akteninhalt verwiesen. 

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition angenommen. Im Zeitpunkt des Abschlusstermins der Mitzeichnung wurde die Petition von 9.846 Mitzeichnern unterstützt. Es gingen zudem 96 Diskussionsbeiträge zu dem Anliegen ein. Weiterhin wurde die Petition im Rahmen einer Unterschriftenaktion von 74 Unterzeichnern unterstützt. Dem Petitionsausschuss liegen zu diesem Anliegen weitere Einzelpetitionen vor. Aufgrund des Sachzusammenhanges werden diese Eingaben einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen. 

Der Petitionsausschuss hat zu diesem Anliegen eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) eingeholt. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme wie folgt dar: Zunächst weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass die vom Petenten angesprochene Novellierung des FluLärmG durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen (FluLärmSchutzVerbG) vom Bundestag mit einer Reihe von Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf am 14. Dezember 2006 beschlossen und vom Bundesrat im sog. zweiten Durchgang am 16. Februar 2007 gebilligt wurde. Die Neufassung des FluLärmG ist am 7. Juni 2007 in Kraft getreten. Die angesprochenen Änderungen zielen vor allem auf weitere graduelle Verbesserungen beim Fluglärmschutz ab. So wurde der Anwendungsbereich des FluLärmG auf weitere Flugplätze ausgeweitet. Zudem wurden die Grenzwerte für die Lärmschutzbereiche um 10 bis 15 Dezibel abgesenkt, wobei der bauliche Schallschutz für die Flugplatzanwohner ausgeweitet und neue Baubeschränkungen zur vorbeugenden Vermeidung von Lärmkonflikten eingeführt wurden. Das novellierte Gesetz sieht weiterhin die Einführung einer Nacht-Schutzzone mit anspruchsvollen Grenzwerten und spezifischem baulichem Lärmschutz für Schlafräume sowie eine Entschädigungsregelung für den Außenwohnbereich beim Neu- und Ausbau von Flughäfen und die grundlegende Modernisierung des Berechnungsverfahrens für Fluglärmimmissionen vor. Insoweit vermag der Petitionsausschuss nicht zu erkennen, dass im Rahmen der Novellierung des FluLärmG ausschließlich die Belange der Luftverkehrswirtschaft berücksichtigt worden sind. Die Novelle befasst sich – ebenso wie die Vorgängerregelung, das FluLärmG 1971 – nicht mit allen Aspekten des Fluglärmschutzes. Im Wesentlichen beschränkt sich die Novelle auf zwei Bereiche des Fluglärmschutzes. Die Vorschriften zu anderen wichtigen Handlungsfeldern bleiben nach wie vor im Luftverkehrsrecht angesiedelt. Das FluLärmG ist deshalb auch nicht in der Lage, das Fluglärmproblem rasch und vollständig zu lösen. Zur Lösung des Fluglärmproblems kommt es, entsprechend dem in der Petition zum Ausdruck gebrachten Anliegen, auch auf Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes an. Das hier zu Gebote stehende Instrumentarium umfasst Vorgaben zur Festlegung von
Flugrouten und Flughöhen unter Lärmschutzgesichtspunkten ebenso wie solche zu lärmbedingten Betriebsbeschränkungen (auch für die Nacht). Den zuständigen Behörden steht hierbei ein Ermessensspielraum zu. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) ist die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der für die Flugsicherung zuständigen Stelle. In § 29 Abs. 1 Satz 3 LuftVG wird die Abwehr von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Fluglärm explizit genannt. Die zuständigen Landesbehörden und die für die Flugsicherung zuständige Stelle sind befugt, Verfügungen zu erlassen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG). Die Behörden können somit auch Betriebsregelungen, gegebenenfalls sogar Flugverbote, verhängen, wenn dies der Abwehr von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Fluglärm dient. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG ist bei der Erteilung von Genehmigungen u.a. besonders zu prüfen, ob der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt wird. Weitere Berücksichtigung findet der Schutz vor Fluglärm in § 1 Abs. 2 und § 6 der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO). Die Flugroutenplanung obliegt gemäß § 27a LuftVO dem Luftfahrt-Bundesamt. Nach § 29b Abs. 2 LuftVG sind die Luftfahrtbehörden und die für die Flugsicherung zuständige Stelle verpflichtet, auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken. Den hier festgelegten Grundsatz haben die zuständigen Behörden beim Erlass von Verfügungen sowie bei der Festlegung von Flugrouten durch Rechtsverordnung zu berücksichtigen. Ob eine hinreichende Berücksichtigung im Einzelfall erfolgt ist, kann gerichtlich überprüft werden. Eine inhaltliche Fortentwicklung dieses Instrumentariums kann letztlich nur im Rahmen eines eigenständigen Gesetzesvorhabens betrieben werden. Durch Art. 2 FluLärmSchutzVerbG sind bereits einige Änderungen erfolgt. So sind insbesondere die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluLärmG nach § 8 Abs. 1 Satz 3 und 4 LuftVG nunmehr im Rahmen von Planfeststellungsverfahren und bei Genehmigungen nach § 6 Abs. 1 und 4 Satz 2 LuftVG zu beachten. Der aktive Lärmschutz dürfte künftig zudem unter einem anderen Gesichtspunkt verstärkt in den Blick geraten. Durch eine Ergänzung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) ist das Instrumentarium zur Lärmminderungsplanung nach der EG-Umgebungslärmrichtlinie eingeführt worden (vgl. § 47d BImSchG). Die EG-Umgebungslärmrichtlinie erfasst die wichtigsten Lärmquellen, zu welchen auch die Großflughäfen zählen. Im Zuge der Lärmaktionsplanung im Flughafenumland, die unter Beteiligung der Öffentlichkeit bis Ende 2008 erstmals durchgeführt und anschließend regelmäßig überprüft werden soll, dürfte der aktive Schallschutz voraussichtlich breiteren Raum einnehmen. Mit der Novelle des FluLärmG sind auch hierfür insoweit Schutzziele festgelegt worden, als die Grenzwerte des FluLärmG bei der Lärmaktionsplanung zu beachten sind. Der Petitionsausschuss vermag indes keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass dem aktiven Fluglärmschutz stets der Vorrang vor dem passiven Fluglärmschutz eingeräumt werden sollte. Vielmehr müssen die zuständigen Behörden bei der Ausübung des ihr zustehenden Ermessens eine Abwägung vornehmen, aus welcher sich im Einzelfall ergeben kann, dass aktiver oder passiver Fluglärmschutz Ziel führend ist (vgl. hierzu auch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 1991 – Az.: 4 C 51.89, vom 31. Juli 2003 – Az.: 4 B 61.03 sowie vom 18. August 2005 – Az.: 4 B 19.05). Im Hinblick auf den passiven Lärmschutz ist der Gesetzgeber durch die Neuregelung des FluLärmG tätig geworden. 

Soweit Änderungen des LuftVG betroffen sind, hält
der Petitionsausschuss die Petition für geeignet, im Rahmen etwaiger künftiger Gesetzesinitiativen Berücksichtigung zu finden. Er empfiehlt daher, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – als Material zu überweisen und sie den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit es um das Luftverkehrsgesetz geht und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.

Der Antrag der Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – zur Erwägung zu überweisen und sie den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, ist mehrheitlich abgelehnt worden.