Der
Deutsche Bundestag hat die Petition am 19.06.2008 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung – als Material zu überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit es
um das Luftverkehrsgesetz geht,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung:
Mit der Petition wird eine Novellierung der Regelungen zum Schutz vor Fluglärm
gefordert, um die Bevölkerung vor Lärmbelästigung durch zunehmenden
Flugverkehr zu schützen. Zur Begründung trägt der Petent vor, die – in
der Zwischenzeit in Kraft getretene – Novellierung des Fluglärmgesetzes (FluLärmG)
sei abzulehnen, da es sich hierbei um ein reines Entschädigungsgesetz
handele, mit dem der Schutz der von Fluglärm Betroffenen nicht einhergehe.
Das Gesetz berücksichtige vielmehr einseitig die Bedürfnisse des
Luftverkehrs. Der Petent fordert, Regelungen zu schaffen, die einen Vorrang
des aktiven Fluglärmschutzes (Zulassung- und Betriebsregelungen) vor dem
passiven Fluglärmschutz (Entschädigung für Schallschutz) vorsehen.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages des Petenten wird auf den
Akteninhalt verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition angenommen. Im Zeitpunkt des
Abschlusstermins der Mitzeichnung wurde die Petition von 9.846 Mitzeichnern
unterstützt. Es gingen zudem 96 Diskussionsbeiträge zu dem Anliegen ein.
Weiterhin wurde die Petition im Rahmen einer Unterschriftenaktion von 74
Unterzeichnern unterstützt. Dem Petitionsausschuss liegen zu diesem Anliegen
weitere Einzelpetitionen vor. Aufgrund des Sachzusammenhanges werden diese
Eingaben einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen.
Der Petitionsausschuss hat zu diesem Anliegen eine Stellungnahme des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU)
eingeholt. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung
dieser Stellungnahme wie folgt dar: Zunächst weist der Petitionsausschuss
darauf hin, dass die vom Petenten angesprochene Novellierung des FluLärmG
durch Art. 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der
Umgebung von Flugplätzen (FluLärmSchutzVerbG) vom Bundestag mit einer Reihe
von Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf am 14. Dezember 2006
beschlossen und vom Bundesrat im sog. zweiten Durchgang am 16. Februar 2007
gebilligt wurde. Die Neufassung des FluLärmG ist am 7. Juni 2007 in Kraft
getreten. Die angesprochenen Änderungen zielen vor allem auf weitere
graduelle Verbesserungen beim Fluglärmschutz ab. So wurde der
Anwendungsbereich des FluLärmG auf weitere Flugplätze ausgeweitet. Zudem
wurden die Grenzwerte für die Lärmschutzbereiche um 10 bis 15 Dezibel
abgesenkt, wobei der bauliche Schallschutz für die Flugplatzanwohner
ausgeweitet und neue Baubeschränkungen zur vorbeugenden Vermeidung von Lärmkonflikten
eingeführt wurden. Das novellierte Gesetz sieht weiterhin die Einführung
einer Nacht-Schutzzone mit anspruchsvollen Grenzwerten und spezifischem
baulichem Lärmschutz für Schlafräume sowie eine Entschädigungsregelung für
den Außenwohnbereich beim Neu- und Ausbau von Flughäfen und die grundlegende
Modernisierung des Berechnungsverfahrens für Fluglärmimmissionen vor.
Insoweit vermag der Petitionsausschuss nicht zu erkennen, dass im Rahmen der
Novellierung des FluLärmG ausschließlich die Belange der
Luftverkehrswirtschaft berücksichtigt worden sind. Die Novelle befasst sich
– ebenso wie die Vorgängerregelung, das FluLärmG 1971 – nicht mit allen
Aspekten des Fluglärmschutzes. Im Wesentlichen beschränkt sich die Novelle
auf zwei Bereiche des Fluglärmschutzes. Die Vorschriften zu anderen wichtigen
Handlungsfeldern bleiben nach wie vor im Luftverkehrsrecht angesiedelt. Das
FluLärmG ist deshalb auch nicht in der Lage, das Fluglärmproblem rasch und
vollständig zu lösen. Zur Lösung des Fluglärmproblems kommt es,
entsprechend dem in der Petition zum Ausdruck gebrachten Anliegen, auch auf Maßnahmen
des aktiven Lärmschutzes an. Das hier zu Gebote
stehende Instrumentarium umfasst Vorgaben zur Festlegung vonFlugrouten
und Flughöhen unter Lärmschutzgesichtspunkten
ebenso wie solche zu lärmbedingten
Betriebsbeschränkungen
(auch für die Nacht). Den
zuständigen Behörden
steht hierbei ein Ermessensspielraum zu.
Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) ist die Abwehr von
betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit oder Ordnung durch die
Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der für die
Flugsicherung zuständigen Stelle. In § 29 Abs. 1 Satz 3 LuftVG wird die
Abwehr von Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen
durch Fluglärm explizit genannt. Die zuständigen Landesbehörden und die für
die Flugsicherung zuständige Stelle sind befugt, Verfügungen zu erlassen (§
29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG). Die Behörden können somit auch Betriebsregelungen,
gegebenenfalls sogar Flugverbote, verhängen, wenn dies der Abwehr von
Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Fluglärm
dient.
Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG ist bei der Erteilung von Genehmigungen u.a.
besonders zu prüfen, ob
der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt wird. Weitere Berücksichtigung
findet der Schutz vor Fluglärm in § 1 Abs. 2 und § 6 der
Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO). Die Flugroutenplanung obliegt gemäß § 27a
LuftVO dem Luftfahrt-Bundesamt. Nach
§ 29b Abs. 2 LuftVG sind die Luftfahrtbehörden und die für die
Flugsicherung zuständige Stelle verpflichtet, auf den Schutz der Bevölkerung
vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken. Den hier festgelegten Grundsatz haben
die zuständigen Behörden beim Erlass von Verfügungen sowie bei der
Festlegung von Flugrouten durch Rechtsverordnung zu berücksichtigen. Ob eine
hinreichende Berücksichtigung im Einzelfall erfolgt ist, kann gerichtlich überprüft
werden.
Eine inhaltliche Fortentwicklung dieses Instrumentariums kann letztlich nur im
Rahmen eines eigenständigen Gesetzesvorhabens betrieben werden. Durch Art. 2
FluLärmSchutzVerbG sind bereits einige Änderungen erfolgt. So sind
insbesondere die Grenzwerte des § 2 Abs. 2 FluLärmG nach § 8 Abs. 1 Satz 3
und 4 LuftVG nunmehr im Rahmen von Planfeststellungsverfahren und bei
Genehmigungen nach § 6 Abs. 1 und 4 Satz 2 LuftVG zu beachten. Der aktive Lärmschutz
dürfte künftig zudem unter einem anderen Gesichtspunkt verstärkt in den
Blick geraten. Durch eine Ergänzung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) ist das
Instrumentarium zur Lärmminderungsplanung
nach der EG-Umgebungslärmrichtlinie eingeführt worden (vgl. § 47d BImSchG).
Die EG-Umgebungslärmrichtlinie erfasst die wichtigsten Lärmquellen, zu
welchen auch die Großflughäfen zählen. Im Zuge der Lärmaktionsplanung
im Flughafenumland, die unter Beteiligung
der Öffentlichkeit bis Ende 2008 erstmals durchgeführt und anschließend
regelmäßig überprüft werden soll, dürfte der aktive Schallschutz
voraussichtlich breiteren Raum einnehmen. Mit der Novelle des FluLärmG sind
auch hierfür insoweit Schutzziele festgelegt worden, als die Grenzwerte des
FluLärmG bei der Lärmaktionsplanung zu beachten sind. Der Petitionsausschuss
vermag indes keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass dem aktiven Fluglärmschutz
stets der Vorrang vor dem passiven Fluglärmschutz eingeräumt werden sollte.
Vielmehr müssen die zuständigen Behörden bei der Ausübung des ihr
zustehenden Ermessens eine Abwägung vornehmen, aus welcher sich im Einzelfall
ergeben kann, dass aktiver oder passiver Fluglärmschutz Ziel führend ist
(vgl. hierzu auch die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.
Januar 1991 – Az.: 4 C 51.89, vom 31. Juli 2003 – Az.: 4 B 61.03 sowie vom
18.
August 2005 – Az.: 4 B 19.05). Im
Hinblick auf den passiven Lärmschutz ist der Gesetzgeber durch die
Neuregelung des FluLärmG tätig geworden.
Soweit Änderungen des LuftVG betroffen sind, hält der
Petitionsausschuss die Petition für geeignet, im Rahmen etwaiger künftiger
Gesetzesinitiativen Berücksichtigung zu finden.
Er empfiehlt daher, die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – als Material zu überweisen und sie
den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit es um
das Luftverkehrsgesetz geht und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Der Antrag der Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die
Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit
und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – zur Erwägung
zu überweisen und sie den Fraktionen des Deutschen
Bundestages zur Kenntnis zu geben, ist mehrheitlich abgelehnt worden.
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