Rede von Dr. Josef Hofmann, Jg. 1927, anlässlich der Mahnwache am 18.08.2014 im
Terminal 1
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
In der Tat ist es mir ein Bedürfnis, wenn Sie mir das zu sagen gestatten, heute
an diesem Tag, nachdem das dritte Terminal von der Stadt Frankfurt genehmigt
worden ist, mit hierher zu gehen, um mit Ihnen wiederum zu demonstrieren, dass
dieser Flughafen falsch liegt - er gehört nicht auf diesen Platz in dieser
Region! Wenn Sie nur einen Moment einmal die Grenzen, die die Gemeinden um sich
herum haben, auflösen, dann liegt er mitten in einem großen
Ballungs-Wohngebiet. Jede Stadt, jede größere Stadt in Europa versucht Flugplätze
wieder weiter wegzulegen. Selbst Paris bemüht sich drum; in unserer Nähe – München
– hat es ebenso getan. Bloß nicht weit genug! Sie müssen es neu tun. Deshalb
möchte ich meine persönliche Betroffenheit hier mit Ihnen zum Ausdruck
bringen, weil von der Stadt Frankfurt das Terminal 3 genehmigt wurde.
Ich darf mir erlauben, die Stadt Frankfurt zu fragen, die Damen und Herren der
Verwaltung und die Damen und Herren im Parlament: Wo bleibt die Solidarität mit
den Gemeinden in dieser Region? Hunderttausende! Hunderttausende leiden unter
dem Flughafen! Hunderttausende werden in ihren Menschenrechten verletzt!
Meine Damen und Herren! Ich frage alle Parteien, in alle Richtungen, auch meine.
Ich war im Bundestag damals für die Christdemokraten, ich war in Europa für
die Christdemokraten, ich bin jetzt Ehrenpräsident für europäische Gemeinden
und Regionen und Ehrenmitglied im Kongress des Europarats. Ich war lange
unterwegs und habe die Menschenrechte des Europarates, Sie kennen die
Konventionen des Europarates, überall dargelegt, verteidigt, eingebracht, in
vielen Städten und in Stadtparlamenten Europas. Aber ich habe nie für möglich
gehalten, dass in meiner eigenen Heimat, hier wo wir alle wohnen, die
Menschenrechte verletzt werden. Das ist ungeheuerlich!
Lassen Sie mich das auf eine einfache Formel bringen. Was sind denn eigentlich
die Menschenrechte? Wenn Sie mal die großen Worte wegnehmen, dann ist das ganz
einfach: Leben kann nur ein Mensch, wenn er essen, trinken und schlafen kann.
Also sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, wenn man uns den Schlaf nicht lässt,
zum Beispiel uns morgens um 5 Uhr weckt. Ich wollte in meinem Garten später
sitzen können. Heute sitze ich dort bei schönem Wetter, zehn Minuten, dann hält
es keiner mehr aus!
Meine Damen und Herren, ich formuliere jetzt nicht bewusst stark, aber ich frage
die Verantwortlichen – in Frankfurt, in der Politik hier in Hessen, aber auch
in meinem Heimatland: Wie können Sie es gestatten, dass man solch ein
Verbrechen der Verletzung der Menschenrechte in unserer Region zulässt? Wann
endlich begreifen unsere Richter, dass eine Verletzung des Rechts auf Schlaf
juristisch gesehen eine schwere Verletzung des Rechts darstellt, menschlich
gesehen, eine Ungeheuerlichkeit ist? Wann wird das endlich eingesehen?
Und dann erleben wir hier, dass eine Verwaltung ein drittes Terminal genehmigt.
Schon die 400.000/500.000 Flugeinheiten sind eine Folter für Hunderttausende in
dieser Region. Wie kann man da noch glauben, etwas Weiteres dazu nehmen zu können?
1880, nehmen wir mal nur die Zahl als Hausnummer, wurden die Menschen in den
Betrieben ausgebeutet. Heute ist der pure Kapitalismus zurückgekehrt in der
Form, dass man die Menschen, die überhaupt nicht fliegen oder selten fliegen
auch in ihren Wohngebieten quält, sie nicht mehr schlafen lässt und sie sogar
überlegen lässt: Müssen wir nicht wegziehen? Wie viele sind schon
weggegangen, die es können?!
Aber noch ein anderer Gedanke, wenn Sie erlauben. Wir haben das allgemeine
Notwehrrecht. Das ist dann gegeben, wenn man angegriffen wird - rechtswidrig.
Wir - alle Betroffenen - werden rechtswidrig durch die Folter des Lärms und des
Schlafentzuges angegriffen; insofern sind wir in einer Notwehrsituation, meine
Damen und Herren.
Unser Appell heute kann nur dahingehen, dass die Richter dieses juristische
Problem stärker würdigen und lösen! Das heißt auch, dass das Terminal 3
nicht weiter ausgebaut werden kann. Die Herren der Regierung in Hessen, die da
so geschickt formulieren: "Genehmigt ist noch lange nicht gebaut!", da
sind wir nicht nur misstrauisch, wir haben in all den vielen Jahren das
Gegenteil erlebt. Wie soll der Demokrat noch seiner, also seiner normalen
demokratischen Führung glauben?
Noch ein Gedanke. Wenn die Mediziner uns sagen, dass wir in der Gesundheit geschädigt
werden, aber im Einzelfall der Nachweis der sogenannten Kausalität dafür
fehlt, genügt es dann nicht, wenn die Medizin generell feststellt, dass wir und
insbesondere unsere Kinder in unserer Gesundheit geschädigt werden? Anders ist
es nicht begreiflich.
Ich wundere mich, dass wir als demokratische Bürger nicht noch stärker –
aggressiver - uns verteidigen. Wir wollen so nicht weiterleben! Wir wollen
menschlich und gesund leben! Wir wollen in einer Demokratie leben, wo nicht
Hunderttausende durch Fluglärm terrorisiert werden. Und ich hoffe, unsere
Demonstration hilft uns die Solidarität in diesem Raum auf allen Ebenen wieder
herzustellen und den Flugplatz zurückbauen statt auszubauen!
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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