Guten
Abend meine lieben Freunde, sagte schon Bernhard Grzimek und nie hat sich eine
Frau ausgegrenzt gefühlt. Ich will es auch so unkompliziert lassen.
Das
aktuelle Gezerre um die ach so schlimmen Dieselstinker war für mich Anlass zu
einem etwas längeren Leserbrief (www.lerchenberg-info.de/presse/20161224-az-lb-stickoxide.pdf
), den ich zum Hauptthema meines Vortrags machen will. Es wird ganz
unpolitisch und unjuristisch aber ziemlich naturwissenschaftlich. Ich hoffe,
dass ich das allgemeinverständlich hinkriege.
Ich darf vorausschicken, dass allgemein bekannt ist, dass es Luftsauerstoff
und Luftstickstoff nur im molekularen Doppelpack gibt, also O2 und N2.
Wer
in der Schule aufmerksam war, weiß, dass der böse Luftstickstoff ein gutmütiger,
träger Geselle ist, der mit nichts freiwillig reagieren mag, deshalb auch der
hohe Anteil in der Atmosphäre. Nur unter extremen Bedingungen lässt sich
Luftstickstoff in eine Verbindung zwingen, auch als Haber-Bosch-Verfahren oder
Ammoniaksynthese bekannt. Auch ohne diese Tricks entstehen bei jedem
Verbrennungsprozess Stickoxide, besonders reichlich bei hohen
Verbrennungstemperaturen und hohem Druck, also vor allem in
Flugzeugtriebwerken und Dieselmotoren.
Zur Klarstellung: Zwischen Benzin- und
Dieselmotoren bzw. Flugzeugtriebwerken besteht ein fundamentaler
Unterschied. Beim
Benzinmotor wird ein exakt ausgewogenes Gemisch an vergastem Benzin und Luft
gezündet. Jedes Sauerstoffmolekül wird verbraucht. Und weil der Luftanteil
so knapp bemessen ist, reicht es oft nicht ganz und es entsteht neben CO2 auch
das giftige CO (Kohlenmonoxid).
Ganz
anders ist das bei den Selbstzündern, also Diesel und Flugzeugtriebwerken.
Hier gibt es Luft in Fülle, weitaus mehr als zur Verbrennung notwendig ist.
Der Luftüberschuss ist aber Voraussetzung zur Selbstzündung, die dadurch
erreicht wird, dass das Überangebot an Luft ordentlich komprimiert und damit
erhitzt wird. Beim Diesel wird das durch hohe Kompression erreicht, beim
Flugzeugtriebwerk durch eine Verdichterturbine. Die Erhitzung kennen wir von der sich erwärmenden Fahrradluftpumpe. Deren Erwärmung
beruht nicht auf Reibung sondern auf Kompression.
Es wird beim
Verbrennungsprozess also die meiste Luft nur stark erhitzt durchgeschoben.
Unter diesen Bedingungen kann sich der Luftstickstoff nicht mehr einer
Reaktion mit dem Luftsauerstoff erwehren und wird zum Teil in eine widernatürliche
Zwangsehe geprügelt. Die so entstehenden Stickoxide sind instabil und
zerfallen alsbald von selbst in das stabile N2 und einsame Sauerstoffatome,
auch Freie Radikale genannt, die sich sofort einen Leidensgefährten suchen
und zum stabilen O2 oder zum instabilen O3 (Ozon) zusammenpacken. Damit ist
die Welt wieder in Ordnung. Allerdings hat es das Freie Radikal (O1) sehr
eilig und krallt sich, was es kriegen kann. Im Massengeschäft kann das auch
mal das falsche Zielobjekt sein, also kein Geschwisterchen des gleichen
Schicksals sondern ein biologisches Molekül. Das ist ein völlig natürlicher
Vorgang, der sich auch im Energiehaushalt jeder Körperzelle in verträglichen
Dimensionen abspielt.
Die
Unmengen an Verbrennungsgasen unserer Technik sind im Lebensplan der Natur
nicht vorgesehen und deshalb reichen die natürlichen Abwehrmechanismen nicht
aus. Da man im Verbrennungsprozess das Entstehen von Stickoxiden nicht
verhindern kann, geht es alleine darum, deren Zerfall trickreich zu
beschleunigen, also noch im Auspuffstrang. Das ist kompliziert und teuer und
kostet wiederum Energie. Bei Bodenfahrzeugen gelingt das einigermaßen aber
bei Flugzeugtriebwerken lässt sich weder ein Filter noch ein Katalysator ohne
Mehrgewicht und Leistungsminderung unterbringen. Ein sauberes Flugzeug würde
erst gar nicht abheben. Und alle Visionen von technischen Verbesserungen können
keinen wirklichen Durchbruch bringen, abgesehen von
Gewichtsreduzierung und besserer Energieausnutzung.
Auch
ohne menschliches Zutun hat die Natur Kompensationsmechanismen erfunden wie
z.B. die sich als Radikalenfänger aufopfernden Vitamine C und E. Einziges
Problem ist menschgemachte Menge, der die Natur nicht Herr werden kann. Dabei
gibt es viele Hebel, dem entgegen zu wirken, auch im eigenen Verhalten und das
ohne dass es weh tut. Also nicht zum Weihnachtsshopping nach New York fliegen,
weniger mit dem Stadtpanzer zum Bäcker oder Friseur fahren, kein
italienisches Billigwasser oder eingeflogene Avocados kaufen, also weniger
verbrennen, auch auf den Transportwegen. Erst vor wenigen Tagen habe ich
selbst gesündigt und mir einen billigen Fuß für einen Sonnenschirm gekauft,
aus poliertem Granit, sicherlich indischer oder chinesischer Herkunft und mit
schwerölbetriebenem Frachter um die halbe Welt gefahren. Und aktuell macht
Aldi Werbung für ÖKO-Karotten aus Israel, gezogen mit den letzten
Tropfen Jordanwasser. Nicht
weniger Dreck als Containerschiffe verblasen die gigantischen Kreuzfahrtdampfer. Die schlimmsten
Dreckschleudern sind übrigens die Braunkohlekraftwerke. Deren Strom für
Elektromobilität zu nutzen, ist mehr als bedenklich. In Wahrheit werden die
Emissionen nicht verringert sondern nur verlagert, also Floriansprinzip. Denn
der Strom, der aus der Steckdose kommt, ist ein nicht zu differenzierendes
Konglomerat unterschiedlicher Herkunft. Und derjenige, der so anständig
ist, ÖKO-Strom zu fördern und dafür einen Cent mehr zu bezahlen,
subventioniert im Ergebnis Großverbraucher wie Fraport, weil deren Verbrauch
dann von den teureren Anteilen befreit ist (www.rencker.de/tipps/strom.htm)
. Verrückte Welt.
Und
damit sind wir endlich bei Fraport. Der Luftverkehr des Frankfurter Flughafens
verbläst jeden Tag im Nahbereich ungestraft fast 1 Million Liter Kerosin zu
einem sich absenkenden Giftcocktail aus lungen-
und gefäßgängigem Ultrafeinstaub, der auch die Blut-Gehirnschranke
durchdringt. Das
ist mehr als der gesamte Bodenverkehr in Rhein-Main hervorbringt. Offiziell
gibt es keinen Feinstaub durch Luftverkehr, denn es werden nach der Rechtslage
die Partikel in molekularer Größe mit einem viel zu groben Netz nicht
gefangen und das Nichts wird dann gewogen und nicht gezählt. Formaljuristisch
gibt es also nichts, so wahr die Erde eine Scheibe ist. So ist es nicht
verwunderlich, dass offizielle
Messstationen auch 2017 immer noch nichts über den Gehalt an Ultra-Feinstaub
aussagen. Angeblich
gibt es am Boden nichts, also fast Luftkurort. Ich frage mich, was Triebwerke
beim Start verblasen und was Wirbelschleppen auf den Boden peitschen. Im
Wirbel ist zwangsläufig alles drin. Genau
dies hat auch das Umweltamt der Stadt Frankfurt erkannt und veröffentlicht,
dass den größten Anteil an den Emissionen des Verkehrs im Stadtgebiet
Frankfurt im Jahre 2013 mit 42% der Luftverkehr hatte (www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/ultrafeinstaub/umweltamt-frankfurt.JPG)
. Und eine Umweltstudie für das Europäische Parlament vom November 2015
kommt zu dem dramatischen Ergebnis, dass der weltweite Anteil des Luftverkehrs
am Klimawandel im Jahre 2050 22% betragen wird (www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/20151201-faz-klimakonferenz.JPG).
Vor
ca. zwei oder drei Jahren hat die Mitarbeiter-Vereinigung
der Fraport-Bodenverkehrsdienste
bei der Betriebsratswahl die Belastung vor allem des Bodenpersonals
thematisiert mit dem Slogan. „Bei Fraport stirbt man früher“. Solche
Unangepasstheit hat natürlich zu einem Aufbegehren bei Fraport geführt. Die
Mitarbeitervertretung wurde im Vorfeld der Wahl derart behindert, dass es
dieser gelungen ist, eine Wiederholung der Wahl gerichtlich durchzusetzen mit
eindrucksvollem Ergebnis (www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/20160307-FR-Betriebsrat-Vorfeld.pdf).
Von
einer Vorfeld-Mitarbeiterin, weiß ich, wie wenig Fraport an seinem
Menschenmaterial gelegen ist. Hierzu ein Zitat.
"Ich
weiß seit Anbeginn meiner Tätigkeit, dass die Luft am Flughafen am
schmutzigsten ist. Was soll ich dazu sagen. Es ist der größte Arbeitgeber in
Rhein/Main. Wir wissen das alle.... Auf dem Vorfeld gibt es nur Gehörschutz....Bei
uns ist die Luft explosiv.... " Zitat Ende!
Aufsichtsbehörden
wie Gewerbeaufsichtsamt oder die gesetzliche Unfallversicherung tauchen vor
meinen Vorhaltungen ab. Reichlich befremdlich ist, dass Fraport nicht der
Fach- Berufsgenossenschaft angehört, sondern als mehrheitlich volkseigener Betrieb bei der
staatlichen Unfallkasse Hessen versichert ist. Das lässt schon ein Geschmäckle
aufkommen. Und so verwundert es nicht, dass der Leiter des Technischen
Aufsichtsdienstes der staatlichen Unfallkasse Hessen sich besonders
erkenntnisresistent zeigt und ein Befassen mit der speziellen Problematik
verweigert mit der Rechtfertigung, in den Unfallverhütungsvorschriften sei
alles geregelt. Eben nicht. Da geht es durchaus um Werkstattluft aber nicht um
die Luft, die Leute im Bereich laufender Triebwerke auf dem Rollfeld
inhalieren dürfen. Wo Gehörschutz Pflicht ist, gibt es laufende Triebwerke
mit entsprechender Abgasbelastung und das wird einfach geleugnet (www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/ultrafeinstaub/Unfallkasse.JPG)
.
Nun
noch ein paar Gedanken zum Klimawandel, den gerade der Flugverkehr mit seinen
Emissionen in großer Höhe beschleunigt und damit zur menschgemachten
Apokalypse in zunehmendem Ausmaß beiträgt. In den letzten hundert Jahren ist
es im Durchschnitt nur ein armseliges Grad wärmer geworden. Also wozu
aufregen, könnte man sich fragen. Ist doch fast nichts. So wenig hat auch
hierzulande längst große Auswirkungen, wie z.B. häufige Starkregen und
Tornados, denn die angestrebten 2 Grad Erwärmung lassen die Luft 14% mehr Wasserdampf
aufnehmen. Und Wasserdampf hat
ein Energiepotenzial, als würde man Wasser um 539°C erhitzen. Und
es gibt noch einen kollektiven Denkfehler. Wir sind geneigt, in
Hundertereinheiten zu denken. Die Wettermaschine spielt sich aber in einem
Verdunstungs-Temperaturfenster von vielleicht 30° ab, und da sind z.B. 2° in Wahrheit 7%.
Eine
Auswirkung ist auch das dauerhafte Niedrigwasser des Rheins, denn die alpine
Erwärmung liegt punktuell bei 3° bis 5° mit entsprechenden Auswirkungen auf
das Wasserreservoir der Gletscher. Zunehmend werden traditionelle
Bergwanderwege wegen häufiger Felsstürze auf Dauer gesperrt. Ganze Flanken
brechen weg, weil diese nicht mehr vom Permafrost zusammengeklebt werden.
Sicherlich gab es in geschichtlicher Zeit auch natürliche Schwankungen, aber
nicht in dieser Rasanz. Vergessen wird auch die Abhängigkeit der Zivilisation
von absolut stabilen Verhältnissen.
Das
Klima ist eine Diva und ist schon ohne menschliches Zutun reichlich launisch,
ohne dass ich jetzt über astrophysikalische Ursachen spekulieren will. Als Hauptursache für Schwankungen
kommen vor allem große Vulkanausbrüchen in Frage, die
sowohl Staub in große Höhen schleudern als auch Unmengen des Klimagases CO2
freisetzen und genau das tut die mobile Menschheit jetzt in großem Stil.
Wie
verheerend sich Klimaschwankungen auf die Zivilisation auswirken können,
zeigt die geschichtliche Zeit mit Hungersnöten im 19. Jahrhundert nach den
Ausbrüchen von Tambora und Krakatau und aktuell die Evakuierung der
absaufenden Tuvalu-Eilande im Süd-Pazifik. Was eine Anreicherung der Atmosphäre
mit dem Klimagas CO2 anrichten kann, wissen wir von großen
Perm-Trias-Artensterben vor 250 Millionen Jahren. Damals gab es eine
vulkanische Phase vor allem in Sibirien mit vor CO2 nur so brodelnden
Magmaseen (https://de.wikipedia.org/wiki/Perm-Trias-Grenze#Vulkanismus).
Der CO2-Anstieg führte primär zu einem Temperaturanstieg von ca. 5°. Das
reichte für eine Kettenreaktion aus mit dem Ergebnis, dass alle Gewässer
regelrecht verfaulten mit dem nahezu totalen Absterben von Fauna und Flora.
Die Natur hat dann mit den verblieben Lebenskeimen wieder von vorne
angefangen, die CO2-Überflutung per Fotosynthese langsam abgebaut und als
Sedimente dauerhaft der Atmosphäre entzogen. Und diesen Säuberungsmechanismus
drehen wir gedankenlos wieder um durch Verbrennen der Sedimente in Gestalt von
Kohle, Öl und Gas. Wenn wir so weitermachen wie bisher, kriegen wir das
Kollabieren der Temperaturstabilität wieder hin. Ganz unberechenbar wird die
Freisetzung von in arktischen Regionen kältegebundenem Methanhydrat oder Veränderungen
der Meeresströmungen, insbesondere des Golfstroms, der nachweislich schon
einmal kollabiert war (http://www.flughafen-bi.de/Archiv/2017/2017_03_06_VCD-Flyer_Klima.pdf).
Und neben unserer allgemeinen Hypermobilität ist der Luftverkehr zunehmend
daran beteiligt, dazu noch in sensibler Höhe.
Und nicht vergessen will
ich mein Lieblingsthema „Der Ton macht die Musik“. Der Mensch hört
selektiv, und zwar nach dem Inhalt der Geräuschinformation -
und nicht nach dem physikalischen Schalldruck. So wird das laute
Brausen eines Bergbachs nicht als störender Lärm erlebt – dieses wirkt
eher als Wiegenlied. Hingegen wacht jede Mutter beim leisesten Wimmern ihres
Kindes auf. Ein weiteres Beispiel ist das Kreischen der Kreide auf der Tafel,
vergleichbar mit dem Warnschrei eines steinzeitlichen Wächters. Da bäumt
sich alles auf. Das ist ein archaisches Gefahrensignal, das eine sofortige
Reaktion erforderte, sei es Flucht oder Gegenwehr. Und in dieses Muster passt
vor allem der Lande-Fluglärm mit Heulen, Jaulen, Kreischen. Dem kann sich
kein Mensch entziehen. Das ist genetisch festgelegt und nicht abtrainierbar.
Lasst
uns weiter ein Stachel im Hintern des Löwen sein und für eine Deckelung der
Flugbewegungen eintreten – und damit für weniger Fluglärm, weniger
Schadstoffe, weniger Gesundheitsgefährdung, weniger Klimaerwärmung und
weniger Schädigung unserer Lebensgrundlagen.
Hartmut Rencker, Mainz
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