MRZ vom 8.8.2006

Kommt die Nordwest-Variante?

Flughafen-Ausbaugegner werfen der Landesregierung Untätigkeit vor

MAINZ. Laut Presseberichten wird die SPD-Fraktion im hessischen Landtag die Nordwest-Variante des Flughafenausbaus in Frankfurt mittragen. Einer Änderung des Landesentwicklungsplans nach der Sommerpause steht dann nichts mehr im Weg. "Damit wird die für Mainz ungünstigste Variante politisch festgeschrieben", schlagen der "Arbeitskreis Fluglärm Mainz-Lerchenberg" und die Initiative "Fluglärm in Mainz und Rheinhessen" Alarm.

Dietrich Elsner, der in beiden Initiativen aktiv ist, wirft der rheinland-pfälzischen Landesregierung Untätigkeit vor. "Unsere Landesregierung schweigt einfach. Wann wird das Land wach und nimmt den Schutz seiner Bürger endlich wahr", fragt Elsner.

Das Land hatte auf dem Wege einer Eingabe die für Mainz günstigere Nord-Ost-Variante des Ausbaus gefordert, war damit bei der hessischen Landesregierung aber auf taube Ohren gestoßen. Allerdings stünden dem Land durchaus effektivere Instrumente als eine simple Eingabe zur Verfügung, um Einfluss auf den Flughafenausbau zu nehmen, gibt Elsner zu bedenken. So biete das Raumordnungsgesetz bei grenzüberschreitenden Projekten die Möglichkeit, einen Regionalplan zu erstellen, bei dem dann auch das Land Rheinland-Pfalz ein Mitspracherecht hätte. Dies einzufordern, habe das Land bisher aber versäumt. "Rheinland-Pfalz hat sich einfach nicht gewehrt", kritisiert Elsner und glaubt auch zu wissen warum: Als größter Gesellschafter des Flughafens Frankfurt-Hahn ist die Frankfurter Fraport AG ein wichtiger Investor im strukturschwachen Hunsrück, den niemand vor den Kopf stoßen will.

Die Bürgerinitiativen beharren unterdessen auf ihrem kategorischen Nein: "Der Ausbau muss verhindert werden", fordert Elsner in deren Namen. Auch das Nachtflugverbot, das die hessische SPD-Fraktion zur Bedingung für ihre Zustimmung macht, ist in den Augen der Ausbaugegner nur ein zahnloser Tiger: Als Ergebnis des Mediationsverfahrens musste die Fraport AG zwar das Nachtflugverbot zusammen mit dem Ausbau beantragen, über die Anträge wird aber getrennt entschieden.

Elsner geht davon aus, dass am Ende der Ausbau genehmigt wird, das Nachtflugverbot aber auf der Strecke bleibt, zumal es von der Lufthansa kategorisch abgelehnt wird.    (sar)


Hierzu eine nicht veröffentlichte Pressemitteilung von  ödp+Freie Wähler:

Landesregierung RLP lässt Menschen der Region in Stich

LERCHENBERG....Zahlreiche Eingaben des Fluglärmbeauftragten von ödp+Freie Wähler, Hartmut Rencker, an Ministerpräsident Kurt Beck, Minister Hendrik Hering und den Landtag bleiben unbeantwortet.
Das "Herumgeeiere" der Landesregierung zum Thema Fraport-Ausbau zeige ein erschreckendes Maß an Unkenntnis und Hilflosigkeit, so der Fluglärmbeauftragte der Arbeitsgemeinschaft ödp+Freie Wähler. Es sei unaufrichtig, den Menschen immer wieder die Präferierung der gar nicht zur Diskussion stehenden Nordostvariante, ein Nachtflugverbot und eine Flugroutenoptimierung vorzugaukeln.
Das immer wieder strapazierte Nachtflugverbot werde nie kommen. Denn ausgerechnet der Fraport-Miteigentümer Lufthansa lehne ein Nachtflugverbot kategorisch ab und drohe für diesen Fall mit dem Abzug von 7600 Arbeitsplätzen. Ebenso unrealistisch sei eine Korrektur der Flugrouten. Die derzeitigen Flugrouten seien aus kapazitäts- und sicherheitstechnischen Zwängen festgelegt worden, weil sich die dichte Flugstaffelung nur so bewältigen lasse. Gerade erst vor ein paar Wochen seien die Klagen der Stadt Mainz und zweier Privatkläger vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof abgewiesen worden. Die Stadt Mainz habe auf weitere rechtliche Schritte verzichtet. Von einer Optimierung zu sprechen, sei deshalb Augenwischerei, denn nicht die Bewohner der Region, sondern Sicherheitsaspekte und die Kapazitätsausnutzung stehen in der Rangfolge an erster Stelle
Und noch viel Schlimmeres drohe, nämlich der Ausbau auf über eine Million Flugbewegungen. Diese Schreckensvision habe Fraport in der eigenen Postille "Start frei" vom September 2004 selbst angekündigt, um im Kreise der neun weltgrößten Mega-Hubs bestehen zu können.
Sollte der von den Landesregierungen Hessen und auch Rheinland-Pfalz geforderte Wachstumswahn Wirklichkeit werden, sei das der soziale und kulturelle Niedergang der Region, betont Rencker.

Mainz, 31.7.2006