Der sachlichen Beantwortung harrenden Schreiben an die Landesregierung RP

Herrn Minister Hans-Artur Bauckhage
Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft u. Weinbau
-persönlich-
Mainz

 

Kopie an
Herrn Ministerpräsident Beck
zum dortigen Schreiben vom 21.3.2005
mit der Bitte um Stellungnahme

 




Mainz, 7.6.2005


Fluglärm Fraport und Finthen
Ihr Schreiben vom 11.2.2005

Sehr geehrter Herr Minister Bauckhage,

für das von Ihnen persönlich unterzeichnete Schreiben bedanke ich mich sehr, auch wenn der Inhalt mich gar nicht zufrieden stellen kann. Eine große Realitätsferne kennzeichnet den Verfasser. Auch sind zahlreiche Punkte meines Vorbringens gar nicht oder nur sehr ausweichend behandelt worden. Ich wende mich deshalb nach langem Zögern doch noch einmal an Sie, mit der eindringlichen Bitte, sich entschieden gegen die Pläne zu stemmen, Mainz, Rheinhessen, die Umwelt und unsere Lebensperspektiven einem Wachstumswahn zu opfern.

Die Präferenz der Landesregierung für die Planungsvariante Nordostbahn geht ins Leere. Diese Bahn wird nie kommen, weil sie Frankfurt belasten würde. Gerade vor einigen Tagen hat die Hessische Landesregierung erklärt, dass die Nordwestbahn 2009 in Betrieb gehen wird. Anmaßend ist, dies lange vor Abschluss des Anhörungsverfahrens auszusagen. Also werden alle Einwendungen weisungsgemäß abgebügelt, auch die der Stadt Mainz und aller sich wehrenden Gemeinden.

Fraport droht in seiner Hauspostille vom September 2004 unverfroren damit, dass ein Ausbau zum Mega-Hub zwingend notwendig sei. Es wird also nicht bei der Nordwestbahn bleiben, wie die Planung für das weitab von der neuen Bahn gelegene Riesenterminal Süd erschreckend deutlich macht. Diese Platzierung fordert das Atlanta-Modell mit 4 oder 5 Parallelbahnen geradezu heraus. Wir dürfen also noch mit zwei Südbahnen rechnen unter Rückbau der Startbahn West. Hierzu passt die Aussage von Fraport-Manager Stelter: "In Deutschland ist, wenn überhaupt, nur Platz für einen der voraussichtlich neun Mega-Hubs weltweit". Und das ausgerechnet mitten im dicht besiedelten Rhein-Main-Raum. Was das für Mainz und Rheinhessen bedeutet, muss ich nicht ausmalen. Schon jetzt steht fest, dass Mainz kein einziges reines Wohngebiet mehr ausweisen kann. Die Region wird verkommen. Wer es sich leisten kann, wird die Flucht ergreifen. Und der Flugplatz Hahn wird trotz weiteren Ausbaus keine Entlastung bringen, solange Fraport noch jede Menge Fluglinien auf der Bewerberliste hat.

Fatal ist, dass nur etwa 20% der Flugbewegungen von der Region hervorgebracht werden. Über 50% sind weltweite Umsteiger, dazu 20-30% Fracht für ganz Europa. Erst vor wenigen Monaten hat Fraport sich im Fernsehen damit produziert, dass weltweite Fracht, z.B. so überlebenswichtige Dinge wie Pangasifisch aus Vietnam, Weintrauben aus Südafrika und Mangos aus Brasilien nach der Landung von Franfurt aus per LKW nach Mailand und Stockholm gefahren werden. Für solchen Wahnsinn kann man auch einen Flugplatz in der Lausitz oder im Notstandsgebiet Eisenhüttenstadt bauen oder in der strukturschwachen Westpfalz.

Speziell für den schon jetzt geschundenen Stadtteil Lerchenberg bedeuten die Ausbaupläne einen zweiten Landekorridor mitten über die Siedlung, dazu noch 60 -100 m niedriger wegen des näher an Mainz liegenden Aufsetzpunktes. Dazu kommt noch der vorgesehene Atlantikabflug bei Westwind, also alle Tage. Ich frage mich, warum die Landesregierung diesem Treiben nicht wirksam begegnet. Oder sind diese Konsequenzen noch gar nicht erkannt?

Gar nicht ernsthaft diskutiert wird das Absturzrisiko. Der letzte Absturz einer Linienmaschine bei Nierstein / Schwabsburg liegt ca. 30 Jahre zurück. Damals ist die Besatzung der sonst leeren Maschine ums Leben gekommen. Statistisch rückt der nächste Absturz näher. Mehrere Beinahe-Abstürze hat es gerade in letzter Zeit gegeben. So mussten im Jahre 2004 bei einem Wintergewitter zwei vom Blitz getroffene Maschinen notlanden und während des Golfkrieges fand eine schwer beladene, navigationslose Galaxy nur mit Mühe den Flugplatz. Es muss also nicht der zum Maß der Dinge erklärte Punktabsturz auf Ticona sein. Völlig übergangen wird das Vogelschlagrisiko. Aus Pilotenkreisen weiß ich, dass gerade im Herbst oft Schwärme von Großvögeln gewagt über- oder unterflogen werden müssen, um Zusammenstöße zu vermeiden. Die Massenträgheit großer Maschinen erschwert schnelle Manöver. Da viele Maschinen nur zwei Triebwerke haben, ist ein Totalausfall des Antriebs durchaus wahrscheinlich. Auch wenn dies nicht den sofortigen Absturz bedeuten muss, verliert dann aber die Maschine viel Manövrierfähigkeit, was bei der extrem dichten Staffelung höchst problematisch werden kann.

Auch das Flugfeld Finthen ist keineswegs ein so kleiner Fisch, wie Sie das darstellen. Entgegen Ihrer Behauptung wird sehr wohl der Lerchenberg regelmäßig exakt randständig in weniger als 250 m über Grund überflogen. Die formale Anflugroute im Winkel von 135° gegen die Landerichtung ist praktisch unfliegbar, da der Aufsetzpunkt für die Piloten nicht einzusehen ist. Ich selbst habe mich für eine Proberunde mitnehmen lassen. Der korrekte, ortskundige Pilot flog im Winkel von 90° gegen die verlängerte Landebahn, um dann nur aufgrund seiner Erfahrung ganz plötzlich ohne Sichtverbindung zum Aufsetzpunkt in einer Steilkurve nach links abzudrehen. Dies ist die Realität und nichts anderes.

Und das "Totschlagargument", Wachstum sei das alleinige Allheilmittel, kann nur in die Katastrophe führen. Lineares Wachstum beschreibt eine Kurve, die jeder Schüler spätestens in der achten Klasse als Hyperbel kennenlernt. Ein Wachstum von 3% über 100 Jahre bedeutet die Anhebung einer angenommenen Basis 100 auf fast 2000, wobei die Wachstumsrate bezogen auf das Ausgangsjahr dann bei rund 58% liegt. Dass das nicht funktionieren kann, erleben wir schon seit Jahren. Wachstum erstickt mittelfristig an sich selbst, wie alle Sprichwörter der Welt lehren.

Ich bitte um überzeugende Stellungnahme zu allen von mir vorgetragenen Punkten.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Rencker


Weiteres Schreiben:

Herrn Minister Hans-Artur Bauckhage
Ministerium für Wirtschaft, Verkehr,
Landwirtschaft u. Weinbau
-persönlich-
Mainz




Mainz, 22.9.2005

Flugplätze Fraport und Finthen
Ihr Schreiben vom 11.2.2005

Sehr geehrter Herr Minister Bauckhage,

mit Schreiben vom 7.6.2005 habe ich die unzureichende Beantwortung meiner vorausgegangenen Eingabe beanstandet. Die von Ihnen delegierte Beantwortung durch Ihren Mitarbeiter Ochmann ist noch unbefriedigender als Ihr eigenes Schreiben. Bis auf ein zielgerichtetes Kleinreden einer latenten Gefährdung der Wohnbevölkerung wurde zu keiner einzigen meiner Fragen Stellung genommen. Ich darf Sie also bitten, dies in überzeugender Weise nachzuholen. Zusätzlich bitte ich um Aufschluss darüber, was Sie unternehmen, ein Nachtflugverbot durchzusetzen. Denn die halbstaatliche Lufthansa lehnt dies strikt ab, weil Condor 40% der Flüge in der Nacht abwickelt und auch LH-Cargo zwingend auf Nachtflüge angewiesen ist.  Die Menschenverachtung von LH gipfelt in der Forderung nach Siedlungsbeschränkungen. Aber vielleicht ist das gar nicht mehr nötig, denn wer will noch in Luftkorridoren siedeln. Unsere Region wird zur Bronx verkommen! Das ist auch die Sorge der Mainzer Stadtführung. Mainz wird wegen flächendeckender Verlärmung kein einziges reines Wohngebiet mehr ausweisen können.

Wahrscheinlich wissen weder Sie noch Ihre Mitarbeiter, wie viele Luftzwischenfälle es ständig gibt, auch Abstürze und gefährliche Havarien. Hierzu verweise ich auf die Anlage. Ich frage mich, wie es die Landesregierung verantworten kann, das von Fraport selbst geforderte Ziel eines Ausbaus zum größten Flugplatz Europas mitten in einer der bevölkerungsdichtesten Regionen zu befürworten und sich dann damit aus der Affäre zu stehlen, die Regierung sei ja für die Nordostbahn. 

Ich wende mich zum wiederholten Male an Sie, mit der eindringlichen Bitte, die Städte, Gemeinden und Bürger der Region nicht in Stich zu lassen und sich entschieden gegen die Pläne zu stemmen, Mainz, Rheinhessen, die Umwelt und unsere Lebensperspektiven einem Wachstumswahn zu opfern. Schaden abzuwenden haben Sie vor Gott geschworen, und das kann für Sie kein wirkliches Problem sein, denn die Gegenseite ist nicht irgendeine Wirtschaftsmacht, sondern der Bund, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt als Haupteigner der Fraport.

Da der bisherige Schriftverkehr keinen Fortgang in der Sache gebracht hat, schlage ich ein persönliches Gespräch vor. Den Teilnehmerkreis können wir miteinander abstimmen.

Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Rencker

Anlage
Liste über Luftzwischenfälle
Abdruck Schreiben vom 7.6.2005


 

 Weiteres Schreiben:

 

Herrn 
Minister Hans-Artur Bauckhage
Ministerium für Wirtschaft, Verkehr,
Landwirtschaft u. Weinbau
-persönlich-

Mainz

 

Mainz, 20.10.2005

Flugplätze Fraport und Finthen
Ihr Schreiben vom 11.2.200
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Sehr geehrter Herr Minister Bauckhage,

die Beantwortung meiner Eingaben vom 7.6. und 22.9.2005 haben Sie delegiert. Die Stellungnahmen Ihres Hauses sind so dürftig ausgefallen, dass ich mich frage, ob der Verfasser in schlichter Unkenntnis, Hilflosigkeit oder Dreistigkeit gehandelt hat. Praktisch alle meine Fragen sind unbeantwortet geblieben. Vor allem wurde mir eine Aussage dazu verweigert, was die Landesregierung veranlasst, blauäugig von einer Präferenz der Nordostvariante zu fabulieren und was Sie denn unternehmen, diese irreale Vision umzusetzen.

Ihre gegen Bürger und Kommunen gerichtete Politik trägt dazu bei, das Herz Mitteleuropas zu zerstören und kostet vor allem die Kommunen Millionen in ihrem Kampf gegen einen Interessenklüngel. Ich erinnere daran, dass Lufthansa ein Nachtflugverbot strikt ablehnt und bereits Siedlungsbeschränkungen fordert. Weitere Einzelheiten, auch den fruchtlosen Schriftverkehr mit Ihnen, können Sie in der von mir herausgegebenen Homepage www.oedp-lerchenberg.de/fluglaerm.html nachlesen.

Auch meine Schlüsselfrage zum Wachstumswahn harrt der Diskussion. Leicht können Sie die "Zinseszinskurve" des Wachstums mit der einfachen Formel  x=1,03n  berechnen und grafisch darstellen. Die Zahl 1,03 entspricht 3% und n ist der Exponent, also die Anzahl der Jahre. Grafisch erwartet Sie eine hyperbelähnliche Kurve. Ein Wachstum von 3% über hundert Jahre bedeutet eine Verzwanzigfachung! Wachstum kann deshalb kein Heilmittel sein, sondern führt mittelfristig ins Verderben. Darüber haben schon die Weisen des Club of Rome nachgedacht und Recht behalten.

Ich rege erneut ein Gespräch an, da Schriftverkehr nicht zielführend ist.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Rencker
(Ortsbeiratsmitglied Lerchenberg ödp+Freie Wähler)

 


Herrn
Landtagspräsident
Christoph Grimm
-persönlich-

Mainz

Mainz, 27.2.2006

Flugplätze Fraport und Finthen

Sehr geehrter Herr Grimm,

auch wenn meine Schulzeit schon Jahrzehnte zurückliegt, glaube ich behalten zu haben, dass das Parlament als vom Wähler legitimiertes Staatsorgan die Regierung kontrolliert. Ich wende mich deshalb an Sie persönlich mit der Bitte um Unterstützung, weil Ministerpräsident Beck und Minister Bauckhage sich unisono den Sorgen der Bürger der Region verschließen.

In zahllosen Eingaben habe ich mich an die Landesregierung gewandt und nie eine überzeugende Antwort erhalten. Meine dezidierten Fragen und Vorhaltungen wurden entweder gar nicht oder ausweichend beantwortet nach der Prämisse, was geht uns die Nordwestbahn an, wir sind doch für die Nordostvariante. Die Stellungnahmen der Landesregierung sind so dürftig, dass ich mich frage, ob die Verfasser in schlichter Unkenntnis, Hilflosigkeit oder Dreistigkeit gehandelt haben. Praktisch alle meine Fragen sind unbeantwortet geblieben. Vor allem wurde mir eine Aussage dazu verweigert, was die Landesregierung veranlasst, blauäugig von einer Präferenz der Nordostvariante zu fabulieren und was sie denn zielführend unternimmt, diese irreale Vision durchzusetzen.

Sich derart der sachlichen Auseinandersetzung zu entziehen, ist beschämend. Jeder weiß, dass die Nordostvariante nie kommen wird, weil diese den Fraport-Miteigentümer Frankfurt belasten würde, ohne Mainz zu verschonen. Allenfalls würden sich die besonders lärmintensiven Eindrehvorgänge aus dem Raum Lerchenberg ein Stück nordostwärts verlagern, also Richtung Gonsenheim / Mombach / Neustadt. Und ein Nachtflugverbot wird der Miteigentümer Lufthansa aus wirtschaftlichen Zwängen verhindern. Sogar Siedlungsverbote fordert LH mit Erfolg. Der hessische Minister Rhiel bezeichnete im Raum Darmstadt verfügte Bauverbote als "erfreuliche Nachricht für die Zukunft des Rhein-Main-Gebietes". Erfreulich im Sinne der Lärmverursacher!

Die gegen Bürger und Kommunen gerichtete Politik trägt dazu bei, das historische und kulturelle  Herz Mitteleuropas zu zerstören und kostet vor allem die Kommunen Millionen in ihrem Kampf gegen einen Interessenklüngel. Auch meine Schlüsselfrage zum Wachstumswahn harrt der Diskussion. Hier widerspricht sich die Landesregierung, denn ausgerechnet die Landeszentrale für Umweltaufklärung propagiert in der beigefügten Druckschrift den von der ÖDP schon immer vertretenen Grundsatz der Nachhaltigkeit im Sinne von weniger ist mehr.

Ich bitte Sie, auf die Landesregierung einzuwirken, sich mit meinen Eingaben substantiell zu befassen, auch wenn Wahlkampf ist und Wein- und Schützenfeste prominenter Eröffnung harren.

Mit hoffnungsvollen Grüßen

Hartmut Rencker

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