Vortrag eines betroffenen Bürgers im Erörterungsverfahren

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
meine Damen u Herren
,
liebe Mitbürger,

mein Name ist Klaus-Volker Kellner. Ich wohne in Mainz-Kostheim, Stadt Wiesbaden. Ich bin vom Ausbauvorhaben betroffen.

Vor ca. 25 Jahren bin ich in eine ruhige Anliegerstrasse abseits der Flugrouten gezogen, doch mittlerweile ist die Region vom Binger Wald bis zum Vogelsberg durch die An- u. Abflüge auf bzw. von FRAPORT verlärmt u. mit Abgasen befrachtet! 

Der Istzustand ist schon unerträglich u. ein Ausbau bedeutete für die alteingesessene Bevölkerung in den hochbelasteten Gemeinden das Aus. Schon heute führt es in den dortigen Bevölkerungsstrukturen zu erheblichen sozialen Verwerfungen!

Warum habe ich Einwendung erhoben?

1. Weil das Vorhaben nicht begründet ist u. die propagierte Zahl der Arbeitsplätze nach grosser Wahrscheinlichkeit nicht entstehen wird! Dies werde ich im zweiten Teil meiner Ausführungen darlegen.

2. Weil, u. das wird in der ROV-Studie bestätigt, das Ausbauvorhaben schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Natur u. alle in der Region lebenden Menschen hat!

Laut ROV- Gutachten ist das RM-Gebiet mit 16% stark unterbewaldet! Der Waldzustandsbericht 2000 des Landes Hessen weist für die Region eine dramatische Schädigung des Waldes aus! Daher ist es unverantwortlich, weitere über 300 ha wertvollen Waldes zu roden! Es gehen grosse Flächen mit lufthygienischen Ausgleich- u. Klimaschutzfunktionen verloren! Die Ausgleichspflanzungen können niemals einen ernsthaften Ersatz darstellen! Bis die ersatzweise gepflanzten „Bäumchen“ die biologische Leistung der zu fällenden Bäume erreicht haben, sind die meisten der im Saal Anwesenden bereits dahingeschieden!

Was bringt der Ausbau, soweit er denn tatsächlich wider besseres Wissen stattfindet?

Ich zitiere das Grundlagen-Gutachten zum ROV:

  • Jede Variante des Ausbauvorhabens ist mit raumbedeutsamen Umweltauswirkungen verbunden, die partiell im Widerspruch zu raumplanerischen Zielen u. Festsetzungen stehen.

    Das gilt insbesonders für
    - die Verlärmung von Siedlungsgebieten einschließlich ihrer Erholungs – u. Freiräume…“
    - die Schadstoffemissionen, es werden erhebliche Zuwächse erwartet:
    -CO2 + 77%
    -NOX+ 87% (Medber. S.150),
    - den zu erwartenden Zuwachs im Strassenverkehr, im Vergleich zu 1998 zusätzl. 60% Kfz u. 160% öffentl. Verkehrsfahrten (Medber. S.143),
    - die Trinkwassergewinnung, mit Auswirkungen auf die Sicherstellung der regionalen Trinkwasserversorgung…“ (Medber. S.150). (Medber = Mediationsbericht, S = Seite)
    - die geringen Überflughöhen z.B. im Bereich Mainz ca. 650 m über Grund, Flörsheim ca. 250 m,

Die EXTERNEN GESAMTKOSTEN betragen für die Region per anno ca. 130 Millionen EURO! (aus RDF-Gutachten v. 12.Mai 2004)

Was bringt der Ausbau voraussichtlich nicht?

Er bringt nicht die vielen Arbeitsplätze, mit denen bei Entscheidungsträgern, der öffentlichen Meinung u. bei der Gerichtsbarkeit um die Zustimmung geworben wird!

Kann es überhaupt einen Arbeitsplatzboom in der Luftverkehrsbranche in Europa oder USA geben?
Nein
, den der Traum vom billigen u. unerschöpflichen Öl u. damit Kerosin ist ausgeträumt! 

Die Schlagzeilen dieser Tage :

- Bei Billigfliegern steht Pleitewelle bevor…
- Airlines geht das Geld aus…
- Italien will Alitalia bei Treibstoffkosten helfen…
- Virgin-Chef Branson will Raffinerie bauen...
- Delta, Northwest, Olympic…pleite

Und die Ursache? Die trotz Steuerbefreiung hohen, u. wegen  der Endlichkeit der Vorkommen u. des wachsenden Bedarfs ständig weiter steigenden Treibstoffkosten!

Selbst Chevron-Texaco, zweitgrösster US-Ölkonzern, erinnert in einer Anzeigenkampagne an die Begrenztheit der Öl- u. Gasvorkommen u. ruft zur Verbrauchsreduzierung auf! Internetadresse der Kampagne: (www.willyoujoinus.com)

Viele Erdölexperten sehen die Preise weiter steigen.

  • Die Experten von GoldmannSachs erwarten in absehbarer Zeit einen Preis von 110 US-Dollar/Barrell!

  • Matthew Simmons, Berater von US- Präsident Bush, hält für die kommenden Jahre einen Preis von 250 Dollar für wahrscheinlich!

  • Schlagzeile: Airlines fordern Spritsparer! (18.9.05 Welt am Sonntag)

  • Für eine Substitution des aus Erdöl fraktionierten Kerosin zum Antrieb von Flugzeugen ist noch keine Lösung in Sicht!

Auch eine wesentliche Steigerung des Wirkungsgrades der heutigen Turbofan-Triebwerke ist nicht mehr zu erwarten. Die theoretischen Grenzen sind erreicht.

Der noch immer relativ niedrige Ölpreis bringt jetzt schon die Arbeitsplätze bei LH u. FRAPORT unter erheblichen Druck!

Beispiel: Lufthansa plant jetzt schon die Auslagerung ihrer 13000 Mitarbeiter der Bodendienste in eine Beschäftigungsgesellschaft zu deutlich niedrigeren Löhnen u. schlechteren Bedingungen!

Im Gutachten zur Antragsbegründung für den Ausbau der FRAPORT (Band C, G8, S.38) heisst es:
(4) Luftverkehrspreise:
„Die Höhe u die Struktur der Flugpreise wurden bis 2015 gegenüber 2000 als real konstant angenommen. Dabei wurde unterstellt, dass sich kostensenkende (Rationalisierung,…. u. kostensteigernde Faktoren (Treibstoffpreise…) die Waage halten“.

Mit eigenen Worten: Zumindest ein nicht unerheblicher Teil der Verteuerung des Treibstoffs soll über Rationalisierungsmassnahmen ausgeglichen werden!

Um welche Grössenordnungen geht es bei den Treibstoffkosten? Dazu ein Beispiel:

  • Der A 380 hat ein Tankvolumen von 300 000 l.

  • Treibstoffkosten heute ca. Euro 105 000.- (0,30 E/l)

  •  Bei  0,60 E/l                               210 000.- !!!

Treibstoffkostenkostensteigerung pro Sitzplatz:

  • Bei Vollbesetzung mit 800 Personen :  E 131.-

  • Bei Auslastung zu 70% :  E 188.- in alter Währung fast 400 DM !!!

Nach FRAPORT- Betrachtungsweise müssen also 105 000.- Euro eingespart werden,  zumindest ein erheblicher Teil davon beim Personal!
Um die Erhöhung der Treibstoffkosten auszugleichen wird also rationalisiert,
beim Carrier u. bei FRAPORT!
Rationalisierung bedeutet Personalabbau!
In der Luftverkehrswirtschaft wird unter dem Kostendruck des Treibstoffpreises ausgeflaggt, d.h. für viele Mitarbeiter werden künftig wie bei der Seefahrt die Hungerlöhne der Mannschaftsdienstgrade gezahlt, u. durch Rationalisierung werden Arbeitsplätze abgebaut!

Auf die ominöse Hochrechnung nach dem Motto 1 Fraport Arbeitsplatz bringt über induzierte u. katalytische Effekte ca. 2 Arbeitsplätze zusätzlich in der Region will ich hier gar nicht eingehen, da sich diese Betrachtungsweise unter Berücksichtigung des vorher Erläuterten erübrigt!

Im Übrigen ist nie untersucht worden, wie viele heimische sozialverträgliche Arbeitsplätze aus den Branchen wie z.B. Zahnersatz, Feinmechanik, Optik, Blumenzucht etc, mit Hilfe des subventionierten Luftverkehrs an die Konkurrenz in den sogenannten Niedriglohnländern verloren gegangen sind!

Resümee:
Kein Ausbau, denn das wichtigste Argument, mit dem man die erhebliche Zunahme der Belastungen , die auf die Menschen des Siedlungsgebiets Rhein-Main durch den Ausbau zukommen würden, zu begründen versucht, die positiven Arbeitsplatzeffekte am Standort Frankfurt, fälschlicherweise  prognostiziert auf der Basis der derzeit niedrigen Treibstoffkosten, sind nicht zu erwarten!

Eine gigantische Umweltzerstörung kann nicht mit einer irrealen, hoch spekulativen Annahme begründet werden!

 Der Ausbau würde irreparabel den verbliebenen Rest der Umwelt am Untermain zerstören!

Mit diesem Vorhaben wollen die Verantwortlichen der Landesregierung, der regionalen Wirtschaft u. im Unternehmen FRAPORT ihre Eitelkeiten befriedigen!

Am 19.Sept. 2005 beim Erörterungstermin in der Stadthalle zu Offenbach vorgetragen. Dieses Manuskript soll u. darf, voll oder auszugsweise, mit oder ohne Namen u. ohne Zustimmung des Verfassers kopiert u. veröffentlicht werden!

Klaus-Volker Kellner, Mz- Kostheim, den 20.9.2005

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