Mainzer Rheinzeitung vom 13.9.2005
 
Rhein-Main-Gebiet soll nicht zur
 „Lärmmüllhalde“ verkommen

Anhörung zum Ausbau des Frankfurter Flughafens und Bannwald-Rodung für Airbus-Werft von Protesten begleitet — Umwelt-Aktivisten besetzten Bäume

FRANKFURT/OFFENBACH. Begleitet von Protesten hat gestern in Offenbach das Erörterungsverfahren zur Erweiterung des Frankfurter Flughafens begonnen. Mehrere hundert Ausbaugegner und etwa 50 Befürworter versammelten sich in getrennten Gruppen vor der Offenbacher Stadthalle, wo in den kommenden Monaten die rund 127 000 Einwendungen von Bürgern, Behörden und Verbänden gegen die Erweiterung des Flughafens um eine neue Landebahn geprüft werden sollen. Viele Menschen in der Region um den Flughafen fürchten, dass mit der neuen Piste noch mehr Fluglärm, Luftverschmutzung und Naturverlust auf ihr Lebensumfeld zukommen wird. Schon jetzt, da sind sich die Protestierenden einig, sei in allen Punkten die Grenze des Zumutbaren überschritten.

Bisher verfügt der Flughafen über zwei parallel liegende Start- und Landebahnen sowie eine reine Startbahn (West). Die im Nordwesten des Airports geplante neue Landebahn soll dazu beitragen, die Position des Flughafens gegenüber der europäischen Konkurrenz wirtschaftlich zu festigen und „Job-Motor‘ zu bleiben. Bei der prognostizierten Zunahme des internationalen Luftverkehrs stößt der Rhein-Main-Flughafen mit seinen vorhandenen Bahnen und mehr als 500 000 Flugbewegungen jährlich an seine Grenzen — sagt die Betreibergeseflschaft Fraport. Bis auf rund 660 000 Flugbewegungen könne die Kapazität durch die zusätzliche Bahn gesteigert werden.

Von mehr als 900 000 möglichen Starts und Landungen sprechen dagegen die Ausbaugegner, die darin ein „Horrorszenario für die Region“ sehen. „Wir werden uns nicht damit abfinden, dass ein Teil des Rhein-Main-Gebietes zur Lärmmüllhalde verkommt, angestammte Wohngebiete unbewohnbar werden und oft mühsam erspartes und erarbeitetes Immobilieneigentum an Wert verliert“ erklärte gestern Ingrid Wagner als Sprecherin des Bündnisses der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau. Sie forderte eine „ intakte Umwelt für uns und unsere Kinder“, ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr und erteilte einer „Käfighaltung in schallgedämmten Räumen“ eine klare Absage. Auch der Umweltdezernent der ebenfalls vom Fluglärm massiv betroffenen rheinland­pfälzischen Landeshauptstadt Mainz, Wolfgang Reichel (CDU), blickte auf der Protestkundgebung vor der Stadthalle sorgenvoll in die Zukunft: „Die Fraport ist noch lange nicht satt. Wer sich jetzt darüber freut, dass eine Nordwestbahn geplant ist, von der man selber nicht betroffen sein wird, der wird schon in wenigen Jahren von der Fraport mit Uberlegungen zu einer zusätzlichen Südbahn konfrontiert werden.“

Der Zorn der Ausbaugegner richtet sich nicht allein gegen die geplante neue Landebahn, die voraussicht­lich 2009 in Betrieb genommen werden soll: Zeitgleich mit der Eröffnung des Erörterungsverfahrens begannen im so genannten Bannwald am Flughafen die Rodungsarbeiten, die 21 Hektar Platz schaffen werden für den Bau einer Wartungshalle für den Riesen-Airbus A 380. In dem 350 Meter langen, 140 Meter breiten und 45 Meter hohen Werftgebäude können nach der Fertigstellung gleichzeitig vier A 380 oder bis zu sechs Boeing 747 Jumbos gewartet werden. Die Kritiker fürchten auch hier unter anderem zusätzlichen Flugverkehr und -lärm sowie weithin dröhnende Triebwerkstestläufe.

Ein Polizei-Großaufgebot sichert derzeit das vorsorglich eingezäunte zu rodende Waldgebiet ab. Trotzdem gelang es Aktivisten der Um- weltorganisation Robin Wood, auf Bäume in dem Areal zu klettern und so gegen das Abholzen zu protestieren. Unterstützung erhielten die Umweltschützer durch zahlreiche Bürger, die nach der Demonstration vor der Stadthalle an den Ort des Kahlschlags eilten.
Helmut Oesterwinter

Anmerkung der ÖDP-Lerchenberg
...und es wird noch viel schlimmer kommen. Der Nordwest-Landekorridor wird mittig über den Lerchenberg führen, dazu noch 60 -100 Meter niedriger wegen des 3 km näher an Mainz liegenden Aufsetzpunktes. Dazu kommt bei Westwind der neue Altlantikabflug. Und langfristig wird es die Hölle für die gesamte Region, denn weitaus bedrohlicher als der Bau der Riesenhalle ist deren Platzierung. Die von Naturschützern geforderte Verlegung auf das frei werdende US-Gelände scheitert an dem geplanten neuen Terminal Süd, das in seiner Dimension einen eigenen Großflugplatz herausfordert. Damit ist der Einstieg in den weiteren Bau von zwei Südbahnen eingeleitet, denn das Terminal Süd steht in keiner Beziehung zur weit entfernten Nordwestbahn. Dieses Ziel hat Fraport erst im September 2004 verdeckt erklärt mit der Forderung, der Flugplatz müsse zum Mega-Hub ausgebaut werden, um im Kreise der weltgrößten Plätze bestehen zu können, andernfalls werde Fraport seine Bedeutung verlieren und in die Provinzialität zurückfallen.

Und das als Rechtfertigung so gerne vorgeschobene Nachtflugverbot wird es nie geben. Die Lufthansa-Tochter Condor wickelt 40% der Flüge zwischen 23 und 5 Uhr ab, ähnlich ist es bei Lufthansa-Cargo. Die Menschenverachtung der Lufthansa gipfelt in einer Forderung nach Siedlungsbeschränkungen !!

Hartmut Rencker
Ortsbeiratsmitglied

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