Auch in der Tabuzeit wird
gelandet
Bürgerinitiative
beklagt wachsende nächtliche Störungen / Ministerium widerspricht
Für einnächtliche
Landung auf dem Frankfurter Flughafen muss für zivile Flüge meist eine
Ausnahmegenehmigung eingeholt werden. Die Regelung soll die Bürger vor Fluglärm
schützen.
dpa
WIESBADEN
Flugbeschränkungen sollen die Nachtruhe der Flughafen-Anwohner schützen. Doch
sogar in der Tabuzone zwischen ein und vier Uhr morgens kommt es immer wieder zu
Landeanflügen über dem Rhein-Main-Gebiet. Viel zu häufig, klagen Lärmgeplagte.
von Claudia
Nauth
"Das ist
einfach skandalös", ärgert sich die Bürgerinitiative Widema. Sie
kritisiert vor allem das hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und
Landesentwicklung, das ihrer Meinung nach viel zu viele Ausnahmegenehmigungen für
nächtliches Landen auf dem Rhein-Main-Flughafen erteilt. Seit Anfang des Jahres
werde das Nachtlandeverbot in der Kernzeit zwischen ein und vier Uhr morgens
regelmäßig verletzt. Allein im April kam es laut Karl Heinz Schenk zu 109
Landungen in diesem Zeitraum. Der Landesregierung seien "Ballermänner"
auf dem Rückweg von Mallorca offensichtlich wichtiger als die Schlaf suchenden
Bürger im Umland des Flughafens, heißt es in einer Widema-Erklärung.
Einen Großteil
der April-Flüge hätte die Luftaufsichtsbehörde allerdings gar nicht
verhindern können. Wie Ministeriumssprecher Clemens Christmann erläutert,
unterliegen Flüge der amerikanischen Streitkräfte keinerlei Beschränkungen
hinsichtlich der Tageszeit. Was dazu führte, dass im April im betreffenden
Zeitfenster 42 militärische Flüge auf der Airbase landeten und dazu noch
einmal 43 zivile Flüge im Auftrag des US-Militärs, für die ebenfalls keine
Sondererlaubnis eingeholt werden muss.
Für 20 weitere
zivile Flüge erteilte die Luftaufsichtsstelle eine Ausnahmegenehmigung. In vier
Fällen sei wegen einer geringfügigen Überschreitung des zeitlichen Rahmens
darauf verzichtet worden, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren anzudrohen, erläuterte
Christmann weiter. Die verantwortlichen Piloten müssten bei gröberen Verstößen
bis zu 500 Euro aus eigener Tasche zahlen. Außerdem sorge ein
Ordnungswidrigkeitsverfahren für "unangenehmen Wirbel" in einer
Fluggesellschaft.
Mit einem
Ordnungswidrigkeitsverfahren droht jetzt auch die Bürgerinitiative Widema. Sie
fordert vom Ministerium darauf zu achten, dass die Nachtflugbeschränkungen für
den Frankfurter Flughafen eingehalten werden. Das hessische Verkehrsministerium
kann den Vorwurf zunehmender Nachtlandungen allerdings nicht nachvollziehen.
2004 seien insgesamt 293 Genehmigungen erteilt worden, was etwa 0,8 pro Nacht
entspreche. 2005 habe sich mit einem Durchschnitt von 21 Ausnahmegenehmigungen
pro Monat bislang ähnlich entwickelt.
Den im Schlaf gestörten
Bürgern ist aber jede einzelne Ausnahmegenehmigung eine zu viel. Sie
akzeptieren nicht Begründungen wie "verspätungsbedingt" oder
"aus humanitären Erwägungen", was bei unzumutbaren Härten für
Passagiere und Besatzungen zum Tragen kommt. Auch Beeinträchtigungen von
Tiertransporten können den Angaben zufolge eine Ausnahmegenehmigung begründen.
Nach dem geplanten
Ausbau des Frankfurter Flughafens soll nach dem Willen der hessischen
Landesregierung mit einer drastische Verschärfung der Nachtflugbeschränkungen
allerdings mehr Ruhe einziehen. Die Widema warnt bereits jetzt davor, die Pläne
mit Ausnahmen zu verwässern. "Ein modifiziertes Nachtlandeverbot, wie es
von der Lufthansa gewünscht und befürwortet wird," werde nach einem
Ausbau nichts wert sein.