AZ vom 14.10.2004
Nur die Ruhe vor dem Sturm? 

"Winter der Entscheidungen" beim Ausbau des Frankfurter Flughafens
 

RHEIN-MAIN Relativ ruhig ist es derzeit um den Ausbau des Frankfurter Flughafens. Dabei steht der Region ein heißer Winter bevor - mit einer ganzen Reihe wichtiger Entscheidungen. Auch in Fragen des Fluglärms wird sich in den kommenden Monaten einiges tun. 
Von unserem

 Redaktionsmitglied

 Markus Lachmann

 Etwas leiser am Himmel - auch über Mainz - soll es nach Angaben der Deutschen Flugsicherung (DFS) ab Januar 2005 werden. In 20 bis 40 Kilometern Entfernung vom Frankfurter Flughafen werden landende Flugzeuge in den kontinuierlichen Sinkflug - kurz "CDA" genannt - übergehen. Folge: Die Triebwerke müssen weniger leisten, dadurch wird´s leiser. Allerdings nur zwischen 23 und 6 Uhr. "Denn dafür brauchen die Flugzeuge Platz", so Anja Tomic, Sprecherin der Flugsicherung. 

Noch immer auf sich warten lässt das Steilstartverfahren, das derzeit zur Entscheidung im Berliner Bundesverkehrsministerium liegt. Es hat sich bereits an internationalen Flughäfen wie Amsterdam und Paris bewährt und könnte auch am Frankfurter Flughafen ausprobiert werden. Es hätte vor allem Auswirkungen ab einer Entfernung von 15 Kilometern. Die Flugzeuge steigen schneller, verbrauchen mehr Treibstoff, dafür sinkt der Lärmpegel. Die Airlines wurden bereits angehört, passiert ist aber noch nichts. 

Über die Zukunft der Tabum-Abflugroute wird voraussichtlich noch in diesem Jahr entschieden werden. Ein Vorschlag, wie die Route - sie verläuft auch über Wiesbaden und Hochheim - geändert werden könnte, liegt derzeit beim Luftfahrtbundesamt. Ob und was denn genau geändert wird, will die Flugsicherung jedoch nicht sagen. 

Noch ungewiss ist das weitere Schicksal des neuen Fluglärmgesetzes. Der Entwurf, im Sommer von Bundesumweltminister Trittin vorgelegt, sieht niedrigere Lärmgrenzwerte vor. Die Zonen um Flughäfen, in denen die Bewohner Anspruch auf Schallschutzfenster haben, könnten dadurch größer werden - allerdings ist noch nicht klar, wer genau für die Kosten aufkommt. Auf die Flughäfen kämen Ausgaben in Millionenhöhe zu. 

Der Zeitplan steht: Frühestens 2009 will Fraport seine neue Landebahn in Betrieb nehmen. Das Hessische Kabinett will noch in diesem Jahr beschließen, dass dazu der Landesentwicklungsplan (LEP) geändert wird. Was sich dahinter verbirgt: "Bei der Änderung des LEP wird entschieden, ob und wo der Frankfurter Flughafen erweitert wird", sagt der Sprecher des Verkehrsministeriums in Wiesbaden, Clemens Christmann. Mit dem Plan sollen noch einmal alle Landebahn-Varianten geprüft werden: Nordost, Nordwest, Süd und auch die so genannte "Nullvariante", die nichts anderes bedeutet, als dass nicht ausgebaut wird. Auch die Sicherheitsproblematik, etwa für das Chemiewerk Ticona in Kelsterbach, soll erörtert werden. Brüssel wird dem Verkehrsminister dabei genau auf die Finger schauen: Denn noch immer läuft ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik; Auslöser war das Ticona-Risiko. 

Noch in diesem Dezember soll der Planfeststellungsbeschluss für die Airbus-Wartungshalle im Mörfelder Wald erfolgen. Das heißt, für die in Teilen der Region umstrittene Flugzeug-Werft existiert dann Baurecht. Bis 2007 soll das Gebäude stehen - bis dahin will die Lufthansa 15 Flugzeuge vom Typ A380 in Frankfurt stationieren. Naturschützer und Anrainer-Kommunen wollen das Bauprojekt im Wald verhindern. Es ist damit zu rechnen, dass pünktlich zum Planfeststellungsbeschluss die ersten Klagen beim Gericht eingereicht werden. Die Region wird gebannt auf den Rechtsstreit schauen, denn er gilt als Testlauf für den "großen" Flughafenausbau. 

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