Impressionen aus einer prosperierenden Region
von Friedrich Herzer

Flörsheim soll ja so schön sein, hören wir seit langem. Nachdem wir nun an Pfingsten beim Frühstück nur "Eindreher" über unserem Dach zu hören bekamen, entschlossen wir uns, ganz spontan, an diesem "Westanflugtag" dem "berühmten" Flörsheim einen Besuch abzustatten.

Auf der Anfahrt über Hochheim wird man schon von weithin sichtbaren Transparenten auf dem Dach der Hochheimer Kirche auf das Problem "eingestimmt". Auf der Weiterfahrt von Hochheim nach Flörsheim gewinnt man den seltsamen Eindruck, die Flugzeuge würden immer größer werden, zuerst auf der rechten Seite, dann auf der linken Seite der Landstraße fliegend. Irgendwie gelangten wir zum Flörsheimer Mainufer, ein herrliches Fleckchen Erde, eine wunderbare Stimmung umgab uns  - bis .... auf der anderen, südlichen Mainseite eine "Riesenkiste" herandröhnte. Dies alles passte überhaupt nicht zur gerade zu beobachtenden Szene auf dem Main, auf dem eine Gruppe Ruderer lautlos dahinglitt.  Man hatte zunächst Orientierungsschwierigkeiten und dachte beim Anflug des Jets an die Nordwestbahn, bis im Rücken der Betrachter, schräg über den Dächern der Flörsheimer Häuser auf der nördlichen Mainseite, der nächste Jet herandonnerte, und einem dann klar wurde, dass das (alte) Flörsheim nicht unter einer Anfluggeraden, sondern exakt zwischen zwei Anfluggeraden liegt und jeder Flörsheimer somit einen akustischen Stereo-Service hat - im Flörsheimer Neubaugebiet stärker durch den Anflug zur NW-Bahn, am Flörsheimer nördlichen Mainufer stärker durch die alte Anflugbahn beeinflusst.

Am Brunnen am Flörsheimer Mainufer lädt ein breiter Fußgängerweg zum Kirchplatz ein, vorbei an gemütlichen Lokalen. Dort und auf dem Fußweg dahinter, erhielten wir dann einen ernüchternden Eindruck: Ein Jet dröhnte hinter uns über dem südl. Mainufer, vor uns Richtung Norden gleichzeitig der nächste Jet Richtung Nordwestbahn, vor uns die Geräuschkulisse eines durchfahrenden Zuges, hinter uns das Dröhnen eines Sportbootes auf dem Main, um uns herum der Autoverkehr auf den Querstraßen und schließlich noch das ungewöhnlich laute - ansonsten von uns immer positiv empfundene - Glockengeläut, vom Kirchturm  nebenan. Man hätte schreien können und wäre am liebsten in den vielleicht 100 m entfernten Main gesprungen und untergetaucht, um diese Lärmfülle loszuwerden. Geht man auf diesem Fußgängerweg weiter Richtung Norden erreicht man eine Bahnunterführung und hinter ihr einen Grünbereich, den sog. Alten Friedhof von Flörsheim, ein Ort der Ruhe vor Autolärm und ..... - für eine kostbare Minute - vor Fluglärm, bis eben ein weiterer Flugkörper auf der jetzt näher gelegenen NW-Anflugbahn herandröhnt. Wir beobachten eine ältere Dame, die gerade ein Grab gießt, beim Wasserholen sprechen wir sie an und reden dabei von "Friedhofsruhe" - und fragen schließlich nach ihrem Befinden in Flörsheim.  Sie erzählt uns, sie plane wegzuziehen.

Wir erleben 5 oder 6 Überflüge über dem Friedhof, der in den kurzen Ruhephasen zwischen den Anflügen eine seltsame Atmosphäre ausstrahlt, gehen schließlich noch weiter, treten am Nordtor aus dem Friedhofsgelände heraus - und vermeinen, plötzlich eine Fata Morgana zu sehen,  eine gerade fertig gestellte und gerade bezogene Reihenhaussiedlung. Alle Häuser sind bezogen, aber das Gelände wirkt in den Gärten und auf den Wegen menschenleer. Alle Fenster sind bei schönstem Wetter geschlossen. Wir schauen uns neugierig um und sehen schließlich ein einziges Haus mit einem großen Protest-Transparent. Schließlich sprechen wir einen einsamen Spaziergänger an. Er erzählt uns, Flörsheimer würden hier nicht wohnen.  Wir fahren wieder zurück nach Mainz, essen lieber woanders und nicht auf der schönen Terrasse im "Hirsch" am schönen Flörsheimer Mainufer. Unter diesen Eindrücken beschließen wir spontan, noch am gleichen Tag einem anderen schönen Städtchen einen "Vergleichs-Besuch" abzustatten - Bodenheim und seinen Randgemeinden

(weiterer Bericht - mit für uns überraschenden Eindrücken - folgt).

Familie Herzer