Pyrrhussieg für Mainz?
Ober Olmer Baupläne müssen nachgebessert werden, aber nicht wegen Kollision mit Lerchenberger Interessen, sondern wegen Lärmschutz

Pressemeldung vom 08.12.2005

 
 Pressemitteilung Nr. 65/2005
 OVG: Ober-Olmer Bebauungsplan - "Gewerbegebiet Nördlich Beinestein" unwirksam

Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet Nördlich Beinestein" der Gemeinde Ober-Olm ist unwirksam, weil er den Lärmkonflikt mit dem angrenzenden reinen Wohngebiet nicht ordnungsgemäß bewältigt hat. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in zwei Normenkontrollverfahren.

Der im Jahre 2004 von der Ortsgemeinde Ober-Olm beschlossene Bebauungsplan „Gewerbegebiet Nördlich Beinestein" weist das ca. 2,96 ha große Plangebiet als „eingeschränktes Gewerbegebiet" aus. Für beide Gebietsteile ist einheitlich ein „immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel" von 55 dB(A)/qm tags und 40 dB(A)/qm nachts festgesetzt ist. Besondere Festsetzungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben enthält der Plan nicht. Das Plangebiet befindet sich im Besitz eines Investors, der beabsichtigt, dort vier Einzelhandelsbetriebe zu errichten.

Die Stadt Mainz hat mit ihrem Normenkontrollantrag im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Planung nicht nur der Erfüllung des Eigenbedarfs der Gemeinde Ober-Olm an Einzelhandelsbetrieben, sondern der Schaffung eines darüber hinausgehenden Geschäftszentrums diene. Hierdurch werde das gegenüber Nachbargemeinden bestehende Rücksichtnahmegebot verletzt, weil die in Ober-Olm vorgesehenen Einzelhandelsbetriebe zu einem Umsatzrückgang in den nahe gelegenen Mainzer Stadtteilen Lerchenberg und Drais führen würden. Dies führe zwangsläufig zu negativen versorgungsstrukturellen Auswirkungen.
Der Eigentümer eines Grundstücks in dem angrenzenden reinen Wohngebiet hat geltend gemacht, dass der im Bebauungsplan festgesetzte Schallleistungspegel fehlerhaft sei.

Das Oberverwaltungsgericht hat letztlich offen gelassen, ob die Einwendungen der Stadt Mainz berechtigt seien. Es hat den angegriffenen Bebauungsplan aber deshalb für unwirksam erklärt, weil die Festsetzung eines für das gesamte Planungsgebiet einheitlichen Schallleistungspegels keine Rechtsgrundlage in den bauplanungsrechtlichen Vorschriften finde. Deshalb sei der zwischen der benachbarten Wohnbebauung und dem vorgesehenen „eingeschränkten Gewerbegebiet" bestehende Lärmkonflikt nicht ordnungsgemäß bewältigt worden. Mit Rücksicht auf die Befürchtungen der Stadt Mainz hat das Oberverwaltungsgericht der Ortsgemeinde Ober-Olm abschließend nahe gelegt, bei einer Heilung des festgestellten Planungsfehlers eine Anhäufung von Einzelhandelsbetrieben durch eine Einschränkung der baulichen Nutzungsmöglichkeiten in Teilen des Plangebietes zu vermeiden.

Urteile vom 8. Dezember 2005,
Aktenzeichen: 1 C 11063/05.OVG und 1 C 10454/05.OVG

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz 56068 Koblenz
- Pressestelle -  
 

Anmerkungen zum Streit:
Die Grundversorgung (ALDI bzw. Minimal-Markt) will und kann Mainz nicht verhindern. Und nur diese unstrittigen Lebensmittelmärkte können eine wirtschaftliche Gefahr für die umsatzschwache Lerchenberger Ladenzeile darstellen.
Der Eigentümer der Tengelmann-Mietimmobilie scheint dies erkannt zu haben, denn wohl nicht ganz zufällig wird das Objekt für 2,45 Millionen Euro zum Verkauf angeboten (hier Link zum Angebot)
Welches Gefährdungspotenzial der allein strittige zusätzliche kleine KiK-Textilmarkt für den Mainzer Einzelhandel darstellen soll, bleibt ein Geheimnis, denn vergleichbare Angebote gibt es weder auf dem Lerchenberg, noch in Drais.
Hartmut Rencker, Ortsbeiratsmitglied ÖDP + Freie Wähler

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